Gemeinsam Verantwortung tragen
Arktis und Antarktis stehen aufgrund des Klimawandels seit geraumer Zeit im Fokus des Interesses einer breiten Öffentlichkeit. Parallel dazu steigt die Nachfrage nach Reisen in ebenso atemberaubenden wie fragilen Gebiete. Dieser zwiespältige Boom stellt den Polartourismus derzeit vor die grösste Herausforderung seiner über 120-jährigen Geschichte. Tourismus verändert immer, egal wo.
Bereits seit 1991 bzw. 2003 setzen sich die AECO (Arktis) und die IAATO (Antarktis) ein für den Schutz der polaren Natur und Tierwelt. Die Reiseveranstalter, die diesen beiden internationalen Verbänden angeschlossen sind, verpflichten sich, zwecks eines möglichst nachhaltigen und sicheren Tourismus ein umfangreiches, regelmässig überarbeitetes Regelwerk einzuhalten. Auch sucht man aktuell gemeinsam nach Lösungen, um dem sogenannten Overtourism, der übrigens längst nicht nur den Polartourismus betrifft, wirksam zu begegnen. Die Guides an Bord der Schiffe sind destinationsspezifisch ausgebildet und sensibilisieren entsprechend. Nicht zuletzt sammeln viele von ihnen zusammen mit den Gästen im Rahmen von Citizen Science-Projekten Daten für internationale Forschungsarbeiten.
Seit 2017 ist zusätzlich der Polar Code in Kraft, ein international gültiger Kodex für Schiffe, die in polaren Gewässern betrieben werden. Unter anderem ist Schweröl als Treibstoff in der Antarktis nicht zugelassen, für die Arktis sind vergleichbare Bestrebungen im Gang. Die meisten Schiffe der AECO- und/oder IAATO-Mitglieder sind in beiden Polargebieten unterwegs und fahren daher generell nicht mit Schweröl. Ausserdem sind sie für die Fahrtgebiete speziell ausgerüstet und auch in Bezug auf die Passagierkapazitäten nicht mit regulären Kreuzfahrtschiffen vergleichbar.
Trotz allem gilt vor dem Hintergrund der aktuellen Klima- und Umweltschutzdebatte natürlich: Nicht-Reisen ist besser als Reisen. Und wer denn reisen möchte, sollte dies möglichst nachhaltig tun und die verschiedenen relevanten Aspekte für sich kritisch beleuchten.
Einen Teil Ihrer Verantwortung können Sie als Polarreisende:r wahrnehmen, indem Sie Ihre Expeditionskreuzfahrt ausschliesslich bei Mitgliedern der AECO und/oder der IAATO buchen.
Meine Haltung
Eine Reise in die Polargebiete führt in eine geheimnisvolle Welt voller Extreme, die grosse Faszination, starke Emotionen, ein Berührtsein auf allen Ebenen auslösen kann.
Es ist mir ein grosses Anliegen, als Guide oder Vortragende nicht einfach nur zu unterhalten, sondern auch Gesprächs- und Denkstoff zu liefern, der über die reine Wissensvermittlung hinausgeht. Ich unterstütze meine Gäste darin, die Magie der eisigen Gegenden verantwortungsbewusst und dennoch mit Freude zu entdecken. «Klimawandel» oder «Plastikmüll» sind dabei nicht blosse Schlagworte, sondern werden in jeder Hinsicht sicht- und greifbar.
Eines ist sicher: Auf einer Reise in die Polargebiete wird «etwas» mit Ihnen passieren. Unter anderem kann es durchaus sein, dass Sie inspiriert aus der fragilen Welt nach Hause zurückkehren – nicht nur mit tollen Erinnerungen und ebensolchen Fotos im Gepäck, sondern auch mit einem neuen/tieferen Verständnis unseres Planeten und der menschlichen Natur.
Ein gesundes Bewusstsein, das einen auch unbequeme Überlegungen anstellen lässt und zu konkretem Handeln führt, dünkt mich in Bezug auf Klima- und Umweltschutz enorm wichtig. Mit einer Meinung alleine ist es noch lange nicht getan. Und vor allem braucht es auch einen durch die internationale Politik initiierten Systemwandel.
Dem starken Wachstum des Polartourismus begegne ich mit einem gewissen Unbehagen und verfolge die Entwicklung daher eng. Zum jetztigen Zeitpunkt erachte ich es als eine sinnvolle Aufgabe, mit meiner über 10-jährigen Erfahrung Gästen wie auch neuen Guides zur Seite zu stehen. Sollte sich der Charakter des Polartourismus grundlegend ändern, werde ich in Betracht ziehen müssen, Konsequenzen zu ziehen.
Einige empfehlenswerte Materialien und Artikel
AECO-Leitfaden
für Besucher:innen der Arktis
Download PDF (2.8 MiB)
IAATO-Leitfaden
für Besucher:innen der Antarktis
Download PDF (130.7 KiB)
Dossier GEO
Mit diesen Tipps reisen Sie nachhaltiger
www.geo.de
fairunterwegs.org
Portal zu Nachhaltigkeit auf Reisen
www.fairunterwegs.org
NZZ, 15. März 2019
«Reisen ist mit viel Gedankenlosigkeit verbunden»
Interview mit der Nachhaltigkeits-Expertin Christine Plüss
www.nzz.ch
ZEIT, 17. Mai 2019
«Das Reden über das Reisen hat sich stärker verändert als das Reisen selbst»
Kommentar von Klaus Raab
www.zeit.de
ZEIT, 29. April 2019
«Klimaschutz: Warum unsere Ausreden falsch sind»
Kommentar von Felix Ekardt
www.zeit.de
watson.ch, 14. März 2019
Darf man fürs Klima streiken und in die Ferien fliegen?
Kommentar von Helene Obrist
www.watson.ch
Tages-Anzeiger, 15. März 2019
Der Charme der Flugscham
Kommentar von Beat Metzler
www.tagesanzeiger.ch
ZEIT,30. August 2017
Mehr Fake als Fakt: Die viel zitierte Aussage «Ein Kreuzfahrtschiff stösst so viele Schadstoffe aus wie fünf Millionen Autos» im Check
Hintergrundbericht
www.zeit.de
NW, 2. März 2018
Warum der Vergleich Auto/Kreuzfahrtschiff ungenau ist
Hintergrundbericht
www.nw.de
Deutsche Welle, 10. Januar 2018
Der Klimawandel und das Fliegen
Dossier
www.dw.com
SPIEGEL, 15. August 2018
CO2-Emissionen kompensieren: Was es bringt – und was nicht
Dossier
www.spiegel.de
Fodor's Travel, 4. Januar 2021
Ist verantwortungsvolles Reisen in die Antarktis überhaupt möglich?
Gedanken, zusammengetragen von Theresa Christine
www.fodors.com
Washington Post, 4. Dezember 2020
Citizen Science/Bürgerwissenschaft in der Antarktis
Reportage
www.washingtonpost.com